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- Gestern Prüfung, heute Krakau, morgen Zadra
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- Kämpfe mit Grey-Outs, Straßenbahnen und einem Basilisken
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- Der schönste und der schrecklichste Ort Polens und die Abreise
- Bonus: Hamburger Sommerdom
Es war wohl eine der unerwartetsten Neuheiten aller Zeiten. Vekoma hatte im Jahr zuvor mit Formuła im Energylandia gerade bewiesen, dass sie neuerdings auch gute Thrill-Achterbahnen bauen können. Wohin würde wohl die nächste Thrill-Achterbahn des Herstellers gehen? Ein Park, auf den wohl niemand getippt hätte, war Śląskie Wesołe Miasteczko. Ein alter Vergnügungspark am Stadtrand von Kattowitz, den bis dahin wohl nur Einheimische und ein paar ganz hartgesottene Counter kannten. Doch nun hatten Achterbahnfans einen sehr guten Grund diesen Park, der sich zur Freude der ausländischen Besucher inzwischen in Legendia Śląskie Wesołe Miasteczko umbenannt hatte, zu besuchen. Schnell wurde die Bahn für ihre enorme Intensität berühmt. Auch als Energylandia immer weiter wuchs und Legendia schon bald gnadenlos in den Schatten stellte, galt der Lech Coaster weiterhin als unbedingt besuchenswert. Natürlich wollte auch ich diese Grey-Out-Maschine nun endlich selbst testen. Von Krakau aus ist der Park erstaunlich einfach zu erreichen.
Eigentlich. Wäre da nicht die Kattowitzer Straßenbahn gewesen. Die anderthalbstündige Fahrt vom Krakauer Hauptbahnhof zum Kattowitzer Hauptbahnhof verlief problemlos. Auch die Straßenbahnhaltestelle des Kattowitzer Hautbahnhofes hatten wir schnell gefunden. Wir brauchten nur noch ein Ticket. Ich ging davon aus, dass man hier genauso wie in Krakau die Tickets an Automaten an der Haltestelle kauft. Aber ich sah keinen. Mal auf die andere Seite des Wartehäuschens geschaut: auch nichts. Seltsam. Vielleicht auf der Gegenseite? Nee, auch nix. Hm, vielleicht muss man die Tickets im Fahrzeug kaufen. Bei der nächsten Straßenbahn versuchte ich hineinzuschauen. Ich sah zwar einen Kasten, aber der sah viel zu klein für einen Fahrkartenautomaten aus, sondern eher wie ein Entwerter. Laura wusste auch keinen Rat.
Nachdem ich mich nochmals vergewissert hatte, dass weit und breit kein Fahrkartenautomat steht, sprach ich eine Frau an, ob sie mir helfen könne. Sie stieg mit uns in die nächste Straßenbahn ein und führte mich zunächst zu dem kleinen Kasten. Hier kann man tatsächlich Fahrkarten kaufen, aber weder mit Bargeld noch mit Mastercard oder Visa bezahlen. Ich wusste bis dahin gar nicht, dass es das Logo von Mastercard und Visa auch durchgestrichen gibt und frage mich bis heute, womit man dort eigentlich bezahlen kann. Zum Glück half sie mir weiterhin, denn wir waren ja bereits in der Straßenbahn, hatten aber immer noch kein Ticket. Alternativ kann man sich nämlich auch eine App herunterladen. Hinweisschilder oder ähnliches für diese App habe ich nirgendwo entdecken können. Die App heißt auch nicht Tram Katowice oder so, sondern Jakdojade. Hier muss man dann seine Kreditkarte hinterlegen und dann kann man endlich seine Fahrkarten kaufen. Wie zur Hölle soll man darauf ohne Vorwissen kommen?! Als ich ihr sagte, dass das mit weitem Abstand mein bisher frustrierendster Kauf eines Tram-Tickets war, entgegnete sie nur: „This is Poland.“
Lustigerweise hatte sie das gleiche Fahrziel wie wir, denn wie sich herausstellte, ist sie Ride Operator in Legendia. Sie hat sogar schon in Karls Erlebnis-Dorf Rövershagen gearbeitet, also ausgerechnet in meinem Homepark. Zufälle gibt’s. Schließlich kamen wir aber an ihrem Arbeitsplatz an.
Die Haltestelle Park Śląski Wesołe Miasteczko liegt wirklich direkt bei Legendia. Man muss nicht einmal eine Straße überqueren, sondern läuft nur ein paar Meter den Bürgersteig entlang und schon steht man vor dem hübschen Eingang des Parks. Auch die Main Street ist gut thematisiert. Durch die Gitterstäbe des noch verschlossenen Tores sahen wir ihn bereits am anderen Ende des Sees: den Lech Coaster.
Dieser Standort, direkt gegenüber dem Eingang am Ufer des großen Sees in der Mitte des Parks, muss einer der besten Standorte für eine Achterbahn aller Zeiten sein. In der Main Street waren zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige andere Gäste und das sollte bis zur Öffnung des Parks auch so bleiben. Bevor das Tor geöffnet wird, gibt es eine kleine Begrüßungsshow. Diese wirkte gleichzeitig charmant und traurig bis lächerlich. Ich finde es bemerkenswert, dass ein eher kleiner Park überhaupt so etwas bietet. Auch weil die Tänzerinnen höchstwahrscheinlich normale Mitarbeiterinnen waren und das eine Zusatzaufgabe ist, der sie sich durchaus engagiert gewidmet haben. Leider wirkt eine Tanzshow auf einem kleinen Podest für eine Handvoll Parkgäste einfach unfreiwillig komisch. Es ist auch ein Sinnbild für die geringen Besucherzahlen und den Stillstand in puncto Parkentwicklung, der seit einigen Jahren in Legendia herrscht.
Wichtiger als die Show war für uns aber natürlich die Öffnung des Parks. Das Layout in Legendia ist ein simpler Rundweg um den zentralen See. Sich zu verlaufen ist quasi unmöglich. Insgesamt haben wir an unserem Besuchstag vier Runden gegen den Uhrzeigersinn gedreht.
Die wenigen anderen Gäste hatten wir auf unserem Weg in Richtung der ersten Attraktion des Tages schnell hinter uns gelassen. Als wir schließlich bei Diabelksa Pętla ankamen, waren die Wege wie ausgestorben. Weit und breit war niemand zu sehen. Es war schon leicht unheimlich, fast so, als wären wir versehentlich in einen geschlossenen Park eingedrungen. Dieses Gefühl hatte ich zum ersten und zuvor letzten Mal vor zehn Jahren bei meinem Besuch in der Cinecittà World. Einzig ein paar Wasserspiele auf der anderen Seite des Sees wiesen darauf hin, dass der Park geöffnet war. Derweil langweilten sich die Operator in ihren Häuschen. Da stellen wir uns doch gern zur Verfügung, um ihnen ein bisschen was zu tun zu geben.
Diabelksa Pętla (Devil’s Loop)
In ihrer 36-jährigen Geschichte hatte diese Achterbahn nicht einen, nicht zwei, sondern neun verschiedene Namen an insgesamt drei Standorten. Nach Legendia kam die Bahn 2007 und war damals mit Abstand die höchste, schnellste und längste Achterbahn Polens sowie die erste mit Überschlag. Genauer gesagt hat die Bahn zwei Inversionen in Form eines doppelten Vertikalloopings. Diese sind grün lackiert mit aufgemalten Blasen.
Auf jeden Fall einzigartig und ein deutlicher Kontrast zur sonst hellgrauen Schiene, was mir ganz gut gefällt. Das Operatorhäuschen sieht von außen aus wie ein Hexenhäuschen auf einem Hügel und der Bereich er Schlussbremse ist mit Holz verkleidet. Außerdem liegt der alte Schriftzug des Parks hinter der Bahn. Ansonsten gibt es kein Theming. Der Wartebereich ist ein Zickzack aus Holzzäunen vor und unter der Station. Hat man diesen passiert, läuft man eine Treppe nach oben, bevor man in der Station ankommt. Das Bügelsystem ist gewöhnungsbedürftig. Es gibt einen Bügel für beide Personen in der Reihe. Dieser hat nur eine Stufe zum Einrasten, so dass viel Platz zwischen den Beinen und dem Bügel bleibt.
Die Fahrt beginnt und der Zug quält sich langsam den lärmenden Kettenlift hinauf. Die Schienen der ersten gekurvten Abfahrt sind nicht so toll gebogen. Aber Schmerzen gibt es weder hier noch sonst irgendwo auf der Fahrt. Die Abfahrt führt direkt in die beiden Loopings und die sind richtig gut. Es ist offensichtlich, dass Soquet mit der ganzen Anlage versucht hat, die Loopingachterbahnen von Anton Schwarzkopf zu kopieren. Gelungen ist ihnen das allerdings nur bei den Loopings, denn diese werden genauso intensiv und schnell durchfahren wie bei den Anlagen von Schwarzkopf. Danach könnte Diabelksa Pętla aber auch einfach in die Schlussbremse fahren. Auf die beiden Loopings folgt ein extrem langer Hügel, auf dem nicht einmal ein Hauch von Airtime zu spüren ist. Der einzige Unterhaltungswert der anschließenden Helix ergibt sich aus der bizarren Biegung dieses Streckenabschnitts. Kurvenradius, Höhe und Querneigung ändern sich scheinbar willkürlich und ohne erkennbaren Sinn. Dank der eher geringen Geschwindigkeit fährt sich die Helix nicht so schlecht, wie man vermuten könnte. Dann ist die Fahrt zu Ende und es geht langsam zurück zum Bahnhof.
Diabelksa Pętla ist eine seltsame Anlage. Sie wirkt extrem alt und klapprig, während z.B. Nessie zwar auch alt aber noch sehr rüstig wirkt. Ähnlich wie Nessie dürfte Diabelksa Pętla aber eine gute erste Überschlags-Achterbahn sein, da die erste Abfahrt wenig aufregend ist und die Helix nach den Loopings ebenfalls für so ziemlich niemanden zu aufregend sein dürfte. Uns beiden gefiel die Achterbahn besser als ich vorher gedacht hätte, weshalb wir an diesem Tag noch zwei Wiederholungsfahrten ohne Wartezeit gemacht haben. Da wir beide Rückwärtsfahren nicht gut vertragen, haben wir die Rückwärtssitze in der vorletzten Reihe nicht ausprobiert.
Direkt nebenan befindet sich
Apollo
Hier gibt es gar kein Theming und es handelt sich offensichtlich um ein transportables Fahrgeschäft. Die Ausschwünge auf diesem Apollo 2000 von Soriani & Moser waren weniger kraftvoll, als ich erwartet hatte, und waren vergleichbar mit denen der Sidecars von Technical Park (z.B. Barcos del Mar, Heißer Ofen).
Bei den restlichen Attraktionen weiß ich nicht mehr genau, wann am Tag wir sie das erste Mal gefahren sind. Deshalb liste ich sie einfach in der Reihenfolge auf, in der man ihnen begegnet, wenn man von Apollo aus gegen den Uhrzeigersinn durch den Park läuft.
Dolina Jagi
Dieses Rafting von Hafema stammt aus dem Jahr 2020 und ist bislang die letzte neue Attraktion des Parks. Das Stationsgebäude ist schön gestaltet und die Bepflanzung gut gelungen, auch wenn an ein paar Stellen schwarze Plastikfolie zu sehen war. Ebenso sind einige wenige Themenobjekte entlang der Strecke aufgestellt. Diese folgen jedoch keiner erkennbaren Logik. Unter anderem gibt es den nordirischen Giant’s Causeway oder eine von den Moai inspirierte Statue zu sehen. Insgesamt ist es ein ziemlich trockenes und eher ruhiges Rafting mit durchschnittlicher Fahrtdauer.
Lech Coaster
Das unbestrittene Highlight des Parks bereitete uns bei unserem Besuch einige Sorgen. Denn zunächst regte sich hier gar nichts. Danach stand lange Zeit ein Zug auf dem Lifthill, aber auch der bewegte sich nicht.
Gut drei Stunden nach Parköffnung fuhr die Bahn schließlich und das tat sie dann auch durchgehend, bis wir gegangen sind.
Schon die Gestaltung der Umgebung mit dem Eingangstor in den Bereich, dem Restaurant Oberza Lech und dem Felsen mit dem großen weißen Adler darauf ist gut gemacht. Die Wege in diesem Bereich bieten eine hervorragende Sicht auf nahezu die gesamte Bahn, man steht quasi in der Attraktion.
Eingang vom Lech Coaster
Die gute Thematisierung setzt sich in der Warteschlange fort. Der Anfang ist allerdings verwirrend, da man vor einem unübersichtlichen Durcheinander von Holzzäunen steht und mehrere mögliche Eingänge sieht. Bis auf einen führen alle diese Wege jedoch nur im Kreis. Der richtige Weg Richtung Station führt rechts entlang, denn der Rest sind nur Möglichkeiten zur Verlängerung der Warteschlange. Ich habe keine Ahnung, wann das nötig sein sollte, denn der Wartebereich für den Lech Coaster ist sehr lang, wenn auch nicht ganz so extrem wie bei Zadra und Hyperion. Eigentlich gibt es beim Lech Coaster sogar eine Pre-Show, aber diese war bei unserem Besuch außer Betrieb. Immerhin kann man dort den gelungenen Soundtrack des Lech Coasters hören, der extra für Legendia komponiert wurde.
Das Highlight der Station, die man nach einigen Treppen schließlich erreicht, ist weniger die Gestaltung (auch wenn die immer noch ganz solide ist) sondern einer der drei Überschläge des Lech Coasters, der durch die Station führt. Eine gute Einstimmung auf die Fahrt. Die Züge sind die gleichen wie bei Formuła und Abyssus, nur einen Wagen länger. Die Verkleidung an der Rückseite der Sitze ist hübsch gemacht, erinnert mich aber auch an altmodische Tischdeckchen.
Lasst euch davon jedoch keinesfalls verwirren: Die Fahrt ist vieles, aber ganz bestimmt kein gemütliches Kaffeekränzchen.
Der Lifthill bringt einen flott in die Höhe und man kann kurz die Aussicht auf den See und den Park genießen, bevor die Schiene scheinbar im Nichts endet.
Der First Drop ist extrem steil, selbst in der ersten Reihe gibt es hier deutliche Floating Airtime. Hinten ist der Drop ähnlich extrem wie jener von Expedition GeForce. Durch die geringere Höhe passiert beim Lech Coaster alles etwas plötzlicher und ist schneller vorbei, weshalb dieser First Drop für mich nicht ganz an jenen von Expedition GeForce herankommt.
Man donnert durch einen kurzen, künstlichen Felstunnel und die positiven Kräfte beginnen. Der Sidewinder ist so schnell vorbei, dass man ihn kaum mitbekommt. Selbst an der Spitze des Elements lassen die G-Kräfte kaum nach.
Der Zug rast durch eine Kurve nach rechts oben und die positiven G-Kräfte drücken weiter.
Der Grey-Out wird immer stärker und stärker bis man schließlich auf der Kuppe des Twisted-Airtime-Hills aus seinem Sitz katapultiert zu werden scheint.
Prompt kehrt die Sicht zurück. Die folgende Linkskurve führt zunächst abwärts in Richtung See, steigt dann aber wieder an und führt zum nächsten, diesmal geraden Airtime-Hill, der einen aber genauso effektiv aus dem Sitz hebelt wie der erste.
Das Tal dieses Hügels befindet sich jedoch in deutlich größerer Höhe, denn es folgt die Rolle durch die Station, bei der man zunächst ordentlich durchgewirbelt wird und dann nach links unten abknickt. Es folgt direkt ein Overbanked Turn, der fast schon als Inclined Immelmann durchgehen könnte und der bei mir öfters einen zweiten Grey-Out ausgelöst hat.
Rasch wechselt man wieder nach rechts und brettert bodennah unter dem Wartungsgleis und der Kurve vor dem Lift hindurch, bevor ein deutlich kleinerer aber wieder extrem starker Airtime-Hill die positiven G-Kräfte unterbricht. Leicht nach links geht es in einen Korkenzieher, der einen herumreißt und in einer Linkskurve mündet, die einen geradewegs in einen kraftlosen Wave Turn nach rechts führt. Den Abschluss der Fahrt bilden eine enge Linkskurve, ein kräftiger Richtungswechsel mit starker Airtime und eine enge Rechtskurve, die in einem sanften Jump-into-the-Breaks endet. Man rollt zurück zur Station und der Wahnsinn ist vorbei.
Der Lech Coaster passt eigentlich nicht in den Park und ist doch der Hauptgrund ihn zu besuchen.
Das ganze Gebiet rund um die Bahn inklusive Warteschlange und Station ist gut thematisiert und schön bepflanzt.
Damit war man dem Energylandia um mehrere Jahre voraus und auch in Legendia ist das eine der schönsten Ecken des Parks. Das Thema von Lech Coaster finde ich außerdem sehr klug gewählt. Der Herzog Lech ist der legendäre Urvater Polens. Der Legende nach rastete er unter einem Baum, als ein wunderschöner weißer Adler in der Baumkrone landete. Lech beschloss, sich an diesem Ort niederzulassen und eine Stadt zu gründen, die uns heute als Gniezno (Gnesen) bekannt ist. Für die Hauptattraktion eines Parks, der sich mit vorwiegend polnischen Märchen, Sagen und Legenden beschäftigt, gibt es meiner Meinung nach kaum eine bessere Storyline als den Gründungsmythos des Landes selbst. Die Legende von Lech und dem Adler wird auch durch den großen weißen Adler auf dem kurzen Felstunnel und den großen künstlichen Baum im hinteren Teil der Bahn aufgegriffen. Darüber hinaus ist die Bahn sehr modern und innovativ auch und gerade im Vergleich zu Diabelksa Pętla.
Ich befürchte nur, für das breite Publikum ist der Lech Coaster einfach zu intensiv. Abgesehen vom Wave-Turn hat jedes einzelne Element auf der Bahn heftige Kräfte. Nur von adrenalinsuchenden Jugendlichen und Achterbahnenthusiasten kann ein Park aber nun mal nicht leben. Die Bahn wäre eine gute Ergänzung für einen Thrill-Park, der schon mehrere Großachterbahnen hat und nun eine Bahn haben will, mit der man auch die hartgesottensten Thrillseeker erreicht. Es ist meiner Meinung nach keine Bahn, die man bauen sollte, wenn man nur zwei klapprige Familienachterbahnen und eine klapprige alte „Thrill-Achterbahn“ hat(te). Eine Bahn mit einem sehr breitentauglichen Intensitätslevel wie z.B. blue fire wäre wahrscheinlich die klügere Wahl gewesen.
Für uns Achterbahnenthusiasten ist die Bahn aber natürlich super. Wie alle modernen Anlagen von Vekoma glänzt der Lech Coaster mit einer sehr hohen Laufruhe und einem sehr guten Fluss der Fahrt, was die Fahrt trotz der enormen Intensität einigermaßen verträglich macht. Ich staune immer wieder, was aus Weh-Koma in den letzten zehn Jahren geworden ist. Dazu kommen noch die sehr niedrigen bis nicht vorhandenen Wartezeiten in Legendia. Wir haben bei unserem Besuch in aller Ruhe den ganzen Park erkundet, sind viele andere Attraktionen gefahren und die Bahn hat wie gesagt erst um 13:00 Uhr aufgemacht. Trotzdem haben wir neun Fahrten auf der Bahn gemacht und wäre die Bahn von Anfang an offen gewesen, wären es vermutlich noch mehr geworden.
Der Lech Coaster ist ohne Zweifel die intensivste Achterbahn, die ich je gefahren bin. Auf keiner anderen Bahn hatte ich so einen heftigen Grey-Out. Laura ist diesbezüglich sehr unempfindlich und selbst sie hatte hier einen Grey-Out (ihren ersten überhaupt). Obwohl intensive Bahnen wie Zadra oder Schwur des Kärnan genau mein Ding sind, war mir der Lech Coaster etwas zu intensiv, um die Fahrt wirklich genießen zu können. Ich vermisse bei der Bahn einen hohen Airtime-Hügel, einen Zero-G Stall, eine hohe Inversion, irgendetwas, das einen nicht in den Sitz drückt, gnadenlos aus dem Sitz hebelt oder einen herumreißt. Das gilt vor allem für den zweiten Teil, der weniger abwechslungsreich ist als der erste und mir deutlich weniger gefällt. Vielleicht soll der Wave Turn, den ich einfach sehr nichtssagend fand, dieses Element sein.
In meiner Rangliste steht der Lech Coaster vermutlich nicht so weit oben wie bei vielen anderen, was beileibe nicht heißt, dass es eine schlechte Bahn ist. Mir geht es mit dem Lech Coaster wahrscheinlich wie vielen mit dem Schwur des Kärnan. Viele finden Kärnan sehr gut, aber der spezielle Charakter der Bahn trifft nicht jedermanns Geschmack, weshalb sie oft „nur“ unter den richtig guten Bahnen und nicht unter den absoluten Favoriten rangiert. Aber so wie es auch Liebhaber vom Schwur des Kärnan gibt (z.B. mich), gibt es auch viele, die die brachiale Intensität des Lech Coasters feiern. Wenn für euch uneingeschränkt „je intensiver, desto besser“ gilt, insbesondere im Hinblick auf positive Kräfte, dann ist der Lech Coaster DIE Achterbahn für euch.
Legendia Flower
Das 40 Meter hohe Riesenrad mit seinen blattförmigen Gondeln und großen Blüten als Dächern ist wohl eine der bekanntesten Attraktionen des Parks. Wie jedes Riesenrad bietet es einen schönen Blick über den Park. Außerdem sieht man gut, wie nah der Park teils an den umliegenden Wohnhochhäusern liegt.
Bazyliszek
Etwas abgelegen hinter dem Riesenrad steht eine große, grüne Blechhalle mit einem sehr gut thematisierten Eingang: die Basiliskenhöhle. Betritt man sie, findet man links eine nette Spiellandschaft für Kinder und geradeaus eine kleine Theke mit Kaffee und Kuchen vor. Kein Grund, hier lange zu verweilen. Wäre da nicht rechts hinten ein Durchgang unter einem Schild mit der Aufschrift Bazyliszek, der zur zweitbesten Attraktion des Parks führt. Wenn man den Wartebereich betritt, würde man allerdings eher vermuten, im Wartebereich einer stillgelegten Attraktion gelandet zu sein, der jetzt als Lager genutzt wird.
Überall stehen Tische und Stühle, Hüpfburgen und Arcade Games herum. So etwas habe ich noch nirgendwo sonst gesehen, und trotz der unbestreitbaren Skurrilität bin ich auch froh darüber. Denn nicht nur denken viele Leute vermutlich, dass sie einen Weg genommen haben, den sie gar nicht hätten betreten sollen oder der nirgendwo hinführt. Ich selbst habe mich ein wenig so gefühlt und ich wusste im Vorfeld von der seltsamen Warteschlange. Es raubt auch der eigentlich gut gestalteten Warteschlange in weiten Teilen jegliche Atmosphäre. Eine Art Monsterjägermuseum, das von Wunderkammer beeinflusst ist, verträgt sich eben thematisch nicht mit blinkenden Arcade Games und knallbunten Hüpfburgen. Hat man diese fraglos unvergessliche Warteschlange durchquert, findet man etwas, das man hier ähnlich wenig erwarten würde wie den Lech Coaster: einen interaktiven, schienenlosen Darkride, der obendrein ziemlich viel Spaß macht.
Auch wenn die Chaisen von ETF an Symbolica erinnern, wäre es völlig vermessen, die beiden Darkrides miteinander zu vergleichen. Symbolica hat fünf Millionen Euro mehr gekostet als sämtliche Investitionen in Legendia von 2015 bis 2020 zusammengenommen und wurde von einem sehr Darkride-erfahrenen Park gebaut. Bazyliszek dagegen war abseits von Geisterbahnen vermutlich der erste echte Darkride in Polen und wurde zudem von einem Park mit wenig Themingerfahrung und eher geringem Budget gebaut. Unter diesen Umständen ist hier eine richtig gute Attraktion entstanden. Nicht umsonst hat Bazyliszek 2019 von der Themed Entertainment Association (TEA) den TEA Award in der Kategorie “Outstanding Achievement - Limited Budget” bekommen. Die Warteschlange ist eigentlich gut gelungen und die Grundzüge der Storyline (wir ziehen los und jagen den Basilisken und andere finstere Kreaturen) werden auch ohne Polnischkenntnisse klar. Das Schießen macht Spaß auch dank des guten und reichlich vorhandenen Media Content. Die physischen Sets, die mir in einem Darkride deutlich wichtiger sind, haben ebenfalls durchgehend eine solide Qualität. Einzige Ausnahme ist ein offensichtlicher Sperrholzausschnitt des Basilisken, der an einer Stelle zum Vorschein kommt und sehr billig wirkt. Die Decken sind nirgendwo in der Attraktion gestaltet, aber das verzeihe ich dem Park aufgrund der genannten Umstände gerne, ebenso wie die schmucklose grüne Blechhalle. Hier hat man wirklich etwas geschaffen, das dem großen Konkurrenten Energylandia völlig fehlt. Wer mehr über Bazyliszek erfahren will, dem kann ich diesen sehr ausführlichen Artikel der Dark Ride Database ans Herz legen.
Dream Flight Airlines
Seit der Eröffnung des Parks im Jahre 1959 dreht dieses Flugzeugkarussell seine Runden. In seinem Aufbau ähnelt es sehr den noch wesentlich älteren Sir Hiram Maxim’s Flying Machines im Pleasure Beach Resort. Beide brauchen vermutlich aufgrund der langen Stahlseile, an denen die großen Flugzeuge hängen, sehr lange zum Beschleunigen und Abbremsen. Aber wenn sie erst einmal Fahrt aufgenommen haben, schwingen sie ziemlich weit nach außen und sind überraschend flott unterwegs. Dream Flight Airlines kommt dabei den umliegenden Bäumen nahe und fliegt über ein paar kleine Wolkenstädte aus Plastik hinweg. Auch die drehenden Propeller an der Spitze der Flugzeuge, die zusätzlich passende Geräusche erzeugen, gefallen mir gut. Obwohl ich drehende Fahrgeschäft oft nicht gut vertrage und das Fahrprogramm von Dream Flight Airlines insgesamt gut 10 Minuten dauert, wurde mir kein bisschen flau im Magen. Meiner Meinung nach eine Attraktion, die man mitnehmen sollte, wenn man da ist.
Dragon Temple
Hierbei handelt es sich um den ersten jemals gebauten Rainbow von Huss, der einst unter dem Schausteller Dehner über die deutschen Kirmessen reiste. Früher hingen an der Attraktion sogar noch deutschsprachige Sicherheitsschilder. Wie zu erwarten, bietet die Fahrt starke laterale G-Kräfte. Dank des minimalistischen Schoßbügel hat man auch viel Platz zum Hin- und Herfliegen.
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