Wie funktionieren Achterbahnbremsen?

Veröffentlicht in Panorama





Heute haben wir wieder etwas für die Technikbegeisterten unter euch: Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Bremssystemen, die bei Achterbahnen zum Einsatz kommen und ein Hauptbestandteil der notwendigen Sicherheitssysteme sind. Sie sind eines der wenigen Elemente, ohne die keine einzige Achterbahn auskommt, während auf Loopings & Co. verzichtet werden kann.

„Bremser“ sorgen für die richtige Geschwindigkeit

Reibbremsen kamen erstmals um das Jahr 1900 zum Einsatz. Zu dieser Zeit hatte man noch nicht die Möglichkeit, eine Achterbahnfahrt von vorne bis hinten zu berechnen. Dementsprechend brauchten die Züge eine hohe Grundgeschwindigkeit um in jedem Fall einen kompletten Umlauf zu schaffen. Im Gegenzug musste die Geschwindigkeit an bestimmten Stellen reduziert werden, um die Achterbahnen angenehm fahrbar zu machen.
Dazu wurden die Fahrzeuge selbst mit mechanischen Bremsen ausgestattet. Durch die Bedienung eines Hebels während der Fahrt können die unter dem Wagen befindlichen Bremsschuhe so auf die Strecke gedrückt werden, dass der Zug durch Reibung gebremst wird.
Physikalisch hat das folgenden Hintergrund: Die kinetische Energie (Bewegungsenergie), die der Zug durch die Abwärtsfahrten gewinnt, geht nicht einfach so verloren. Sie ändert nur ihren Zustand, und zwar durch Reibung von Bewegung in Wärme. Je stärker der Bremshebel betätigt wird, desto stärker fällt auch die Bremsung aus. Die Kontrolle darüber hatte der sogenannte „Bremser“, der auf jedem Achterbahnzug mitgefahren ist.

Rutschebanen in Kopenhagen mit Bremser im Zug



Hydraulische Reibbremsen

Heute gibt es weltweit nur noch eine Hand voll Achterbahnen, die mit „Bremser“ fahren. Diese wurden im Zuge des technischen Fortschritts überflüssig, denn es kamen neue Sicherheitssysteme zum Einsatz.
Die aktiven Bremseinrichtungen verschwanden vom Fahrzeug und wurden an der Schienenkonstruktion montiert. Das Prinzip wurde jedoch beibehalten: Reibung bremste die Züge. Dazu werden fest mit der Stützkonstruktion verbundene (meist zwischen den Laufschienen) Bremsbacken horizontal gegenübergestellt und über eine Hydraulik aufeinander gepresst. Am Fahrzeugboden ist ein Bremsschwert installiert, welches bei Vorbeifahrt des Zuges genau zwischen die Bremsbacken eintaucht, sodass es zu Reibung kommt.
Aus sicherheitstechnischen Gründen ist die Hydraulik der Bremsen dabei so eingerichtet, dass sie nur durch zuschalten einer Stromquelle die Bremse wieder freigibt, was garantiert, dass auch im Falle eines Stromausfalls der Achterbahnzug sicher gebremst wird.

Klassische Reibbremsen auf der Wilden Maus im Holiday-Park


Blockbremsen

Als entscheidenden Unterschied zum ursprünglichen „Bremser“ bietet diese Variante nicht mehr die Möglichkeit, die Geschwindigkeit des Zuges an beliebiger Stelle auf dem Rundkurs zu reduzieren oder im Gefahrenfall den Zug zu stoppen. Dies ist nur noch an bestimmten Bremsbereichen möglich, die üblicherweise aus geraden Streckenabschnitten bestehen. Da Geschwindigkeiten auf offener Strecke inzwischen viel genauer berechnet werden konnten, war die Regulation der Geschwindigkeit nicht mehr nötig.
Um jedoch weiterhin die Abstände der einzelnen Achterbahnzüge bei Mehrzugbetrieb kontrollieren zu können und im schlimmsten Fall ein Auffahren zu verhindern kam ein neues System zum Einsatz. Die Einteilung des Rundkurses in einzelne „Blocks“ sorgte dafür, dass die Position der Züge dennoch überwacht werden konnte. Die Abschnitte werden durch sogenannte „Blockbremsen“ getrennt – Bremsabschnitte, die in der Lage sind, ein Fahrzeug vollständig zu stoppen. Sensoren und Elektronik erlauben die Kommunikation der einzelnen Blockbremsen untereinander, sodass eine Blockbremse erst freigegeben wird, sobald der vorausfahrende Zug den folgenden Blockabschnitt verlassen hat.
Üblicherweise werden die Blockgrenzen auf dem Rundkurs so verteilt, dass im Regelbetrieb kein Zug auf offener Strecke anhalten muss. Auch Station, Schlussbremse und Lifthill bilden dabei ihren eigenen Block. So können zum Beispiel Achterbahnen wie eine „Wilde Maus“ mit vielen Fahrzeugen gleichzeitig befahren werden ohne dabei das Risiko einer Kollision einzugehen.

Blockbremse auf einem Spinning Coaster




Wirbelstrombremsen

Da neuere Achterbahnen mit der Zeit immer höhere Geschwindigkeiten erreichten, mussten die Reibbremsen weiterentwickelt werden. Zum einen werden belastbarere Bremsbeläge eingesetzt, zum anderen wird der äußerst hohen Temperatur an den Bremsbelägen durch Luftkühlung entgegengewirkt. Auf diese Weise wird der Materialverschleiß deutlich minimiert.

Dennoch musste dem hohen Verschleiß auch auf andere Weise entgegengewirkt werden, sodass man sich alternativ seit einigen Jahren die Gesetze der Induktion zu Nutze macht. Sogenannte Wirbelstrombremsen, wie sie Beispielsweise auch an Freifalltürmen oder dem ICE 3 zum Einsatz kommen, bestehen im Regelfall aus zwei Dauermagneten zwischen denen sich eine leitende Metallplatte in geringem Abstand, aber berührungslos, hindurchbewegt. Meist befinden sich die Magnete auf der Unterseite des Zuges sowie Bremsschwerter auf der Strecke.

Wie wir aus dem Physikunterricht vielleicht noch kennen, entstehen Wirbelströme dann, wenn sich eine Metallplatte in ein Magnetfeld bewegt (oder umgekehrt). Übertragen auf die Achterbahn bedeutet dies, dass auf den Bremsschwertern Wirbelströme entstehen. Diese wiederum erzeugen Magnetfelder, welche dem ursprünglich entgegengesetzt sind, wodurch es zur gegenseitigen Abstoßung und somit zur Abbremsung kommt. Entscheidend ist weiterhin, dass die Bremswirkung von der Geschwindigkeit abhängt. Ein schnellerer Zug wird stärker gebremst als ein langsamer.

Die Wirbelstrombremsen finden dank ihrer Reibungsfreiheit vor allem bei schnellen Achterbahnen Verwendung. Ein weiterer Vorteil für den Fahrgast gegenüber der Klotzbremse ist das sanfte Eintreten des Bremsvorgangs.
Nachteilig hingegen sind hohe Anschaffungskosten sowie die Tatsache, dass ein Zug im Gefälle niemals vollständig gestoppt werden kann. Ein „Ausschalten“ von Wirbelstrombremsen ist nur durch hinausbewegen der Metallplatte aus dem Magnetfeld möglich.

Wirbelstrombremsen auf iSpeed(Mirabilandia)



Beide Arten von Achterbahnbremsen haben ihre Vor- und Nachteile und so ist es nur logisch, dass man diese meist kombiniert auf neuen Achterbahnen findet. Während die Wirbelstrombremsen dabei häufig als Reduzierbremse eingesetzt werden, können lediglich die Reibbremsen als Blockbremsen eingesetzt werden.
In Zeiten der LIM- und LSM-Launch Coaster erhalten die Wirbelstrombremsen immer größere Bedeutung. Sie geben die Möglichkeit, die Fahrzeuge häufig die Geschwindigkeit ändern zu lassen oder sorgen dafür, dass 240 km/h schnelle Bahnen aus voller Fahrt abgebremst werden.


Bildquelle: rcdb.com

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