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Ein Jahr Cast Member in Walt Disney World - Interview mit Moritz

Walt Disney World nicht nur besuchen, sondern dort leben und arbeiten? Moritz hat diesen Traum wahr gemacht. Für ein Jahr hat er als Teilnehmer des Disney Cultural Representative Program im deutschen Pavillon in Epcot gearbeitet.

Im CF-Interview erzählt er, wie es dazu kam, von seiner Arbeit als Cast Member und seiner Unterkunft bei Disney, einmaligen und anstrengenden Momenten und vielem mehr.

Der World Showcase in Epcot beinhaltet 11 Länder und bietet Fahrgeschäfte, Architektur, Merchandise, Gastronomie und Kultur. Um die jeweiligen Länder noch authentischer wirken zu lassen, vertreten Cast Member des Cultural Representative Program ihr jeweiliges Land. Als deutscher Teilnehmer des Programms arbeitet man dementsprechend im deutschen Pavillon. Fahrgeschäfte gibt es dort allerdings nicht, es bleiben somit Einsatzmöglichkeiten in den Bereichen Merchandise oder Gastronomie. Stereotypisch findet im Biergarten-Restaurant das ganze Jahr Oktoberfest statt und es kann ausgiebig geshoppt werden – Historisches Kaufhaus, Weihnachtsdeko oder doch lieber Glaskunst? All das findet ihr in der Kulisse einer „typischen“ deutschen Altstadt.

Deutscher Pavillon Epcot


CF-Interview mit Moritz, Teilnehmer des Disney Cultural Representative Program

Gruppenbild Moritz Weinkeller

Moritz, du hast beim Disney Cultural Representative Program teilgenommen. Worum geht es da genau?

Ja, man muss sich das so vorstellen, man hat die Möglichkeit für ein Jahr lang als Deutscher in Amerika, in Epcot, zu arbeiten und man lebt dann dort. Man kriegt ein Visum für dieses Jahr und man kann dann im F&B oder im Merchandise dort arbeiten.

Du konntest jetzt nur im deutschen Pavillon in Epcot arbeiten, weil du aus Deutschland kommst?

Es geht tatsächlich nur, im deutschen Pavillon zu arbeiten. Das gilt für alle Programmteilnehmer, egal welches Land. Also wenn du z.B. aus Frankreich kommst, darfst du auch nicht in Norwegen arbeiten oder bei Guardians, das ist nicht möglich.

Was ggf. etwas schade ist, weil der deutsche Pavillon keine Attraktion, sondern ausschließlich Merchandise und Gastronomie bietet. Für was von beidem hast du dich entschieden?

Ich habe mich für Merchandise entschieden, weil ich persönlich auch Merchandise mag. Ich mag es einfach, wenn ich jetzt im Disneyland bin oder bei Universal, immer durch die Shops zu gehen, mir das Ganze anzugucken. Vor allem aber, weil mir vorher klar war, dass ich so mehr die Möglichkeit habe, mit Menschen zu interagieren. Im F&B ist es natürlich viel mehr schnell ein Bier zapfen, schnell eine Brezel rausgeben und im Merchandise kannst du dich auch mal unterhalten mit Gästen.

Du bist Disney-Fan?

Auf jeden Fall!

Also war das ein No-Brainer zu sagen, ich gehe zu Disney und melde mich für dieses Programm an oder wie lange hast du darüber nachgedacht?

Ich habe tatsächlich lange drüber nachgedacht, weil ich hatte mich schon vor Corona einmal beworben. Dann kam die Pandemie, das Programm wurde eingestellt, ich konnte mich nicht mehr bewerben oder teilnehmen und dann habe ich Avatar 2 im Kino gesehen. Ich glaube in irgendeiner Credit-Scene war dann Walt Disney Pictures und dann habe ich gedacht „Komm, bewirb dich nochmal“ und habe mich dann glaube ich am 1.1. beworben und wurde dann auch relativ schnell angenommen.

Wurdest du dann eingeladen zum Bewerbungsgespräch oder was passierte dann?

Also die Bewerbungsphase ist so, eigentlich wird das ganze Jahr gesammelt an Bewerbungen und dann wird man irgendwann, bei mir war es im Mai so, zum Gespräch eingeladen. Dann hat man sich in einem Hilton-Hotel in Frankfurt getroffen und es wurde über Disney gesprochen, ganz lockeres Gespräch, ging auch nur zehn Minuten. Ich habe mich mit Fragen aus dem Internet vorbereitet und dann hat es relativ schnell geklappt.

Was musste dann noch alles getan werden? Ich denke da an Visum, Unterkunft…?

Visum hat sich Disney drum gekümmert, aber ich musste schon einmal ans Auswärtige Amt der USA schreiben. Ich hätte vielleicht auch einmal zum Konsulat gemusst, das musste ich zum Glück nicht. Die Unterkunft wird bereitgestellt, dann werden dir Fragen gestellt, ob du mit anderen ins Zimmer möchtest, ob du alleine wohnen möchtest und dann geht es auch schon relativ bald los. Also ich glaube ich hatte von der Bewerbung bis zum Start zehn Monate, aber das hat sich nicht angefühlt wie zehn Monate, weil dieser Prozess von „Wir laden dich ein“ bis „Es geht los“ war deutlich kürzer. Das war dann nur von Mai bis Oktober. Dann ging es los.

Gewohnt hast du bei Disney selbst?

Ja, hinter Animal Kingdom ist tatsächlich ein großes Wohngebiet. Das haben sie neu gebaut während Corona und das ist riesig. Da gibt es auch inzwischen Shopping-Möglichkeiten, Restaurants und da wohnen 20.000 Disney-Mitarbeiter und das ist auch ganz skurril da zu wohnen. Du sitzt dann im Bus von der Arbeit mit Leuten, die haben Galaxy’s Edge Kostüme an und dann bist du bei Starbucks, trinkst einen Kaffee und dann läuft ein Skipper von Jungle Cruise dir über den Weg. Also das ist eigentlich irgendwie ein Traum.

Wie wohnt man da? Hat man Einzel-, Doppel-, Viererzimmer?

Also du kannst nie ganz alleine wohnen dort, wo wir gelebt haben. Ich hatte immer den Wohnraum, also du hast ein Zimmer, das kannst du dir entweder teilen mit anderen, aber der Wohnraum, der wird sich immer mit vier Leuten geteilt und da kann alles mit drin sein. Da können Amerikaner mit drin sein, Brasilianer. Ich habe zusammen gelebt mit amerikanischen Studenten, mit italienischen Mitarbeitern, mit einem 80-jährigen Amerikaner. Also ich hatte da alles mit dabei. Es waren immer Disney-Mitarbeiter, mit denen man zusammenlebt, aber man muss sich auch teilweise ein Zimmer teilen.

Am Anfang habe ich mir ein Zimmer geteilt, durfte dann wechseln auf ein Einzelzimmer, aber der Wohnraum sowie das Bad, das wird sich immer geteilt. Also es ist schon eine Umstellung und da treffen auch Kulturen aufeinander, das habe ich auch gemerkt.

Du warst also nie wirklich ganz allein, hattest immer Menschen um dich rum?

Auf jeden Fall. Man muss Menschen lieben. Wenn man da keinen Bock drauf hat, dann ist das Programm wahrscheinlich nicht das Richtige.

Aber dafür hat man in der Freizeit natürlich auch vielfältige Möglichkeiten?

Du bist halt in Orlando, da ist nie nichts los. Einmal die Woche gab es eine Veranstaltung, die hieß Happy Tuesday, das war die Partyveranstaltung, da sind alle Länder hingefahren und haben Trinkspiele gegeneinander gespielt. Es gibt auch Clubs da, es gab einen Club zum Beispiel, da sind wir öfters hingegangen, das Cowboys, da war dann typisch amerikanisches Square Dance. Dann haben alle irgendwie zu Life Is a Highway aus Cars dann Square Dance gemacht.

Also da war immer was los und das ist auch mit einer der schönsten Sachen gewesen, dass man immer Leute um sich hat und man konnte jeden Abend was machen, wenn man wollte. Und selbst wenn es nichts gab, dann ist man ins Magic Kingdom gegangen und hat Happily Ever After geguckt, also geiler ging es eigentlich nicht.

Wie ist Disney als Arbeitgeber? Hattest du feste Arbeitszeiten, gab es viele Überstunden, wie war die Work-Life-Balance bei dir?

Also man muss viel arbeiten, definitiv, unter eine 40-Stunden-Woche kommt man schon gar nicht, es wird eher mehr. Disney als Arbeitgeber... Was ich sagen muss, ist, die kochen auch nur mit Wasser, das ist mir wirklich aufgefallen und ich glaube auch, wenn Leute in einem deutschen Freizeitpark arbeiten, dann zu Disney, da ändert sich gar nicht so viel. Die Entscheidungen, die getroffen werden in einem Park, die sind genauso, glaube ich, wie in einem Europa-Park oder in einem Phantasialand, da bin ich von überzeugt. Das ist alles nur in der Menge größer, weil es viel längere Öffnungszeiten gibt, es 365 Tage sind und einfach eine so große Menge an Mitarbeitern sind. Auf Disney World Gelände arbeiten 70.000 Mitarbeiter, das ist teilweise schon irre und man ist auf jeden Fall als Mitarbeiter nur eine Zahl. Das ist ganz klar bei so vielen Mitarbeitern.

Wie war der Onboarding-Prozess? Wie wird man darauf vorbereitet, Cast Member zu sein in Walt Disney World?

Man muss zu einer Veranstaltung, egal wo man bei der Walt Disney Company ist, die heißt „Traditions“ und da geht man in die Disney University und bei Traditions ist es ein bisschen wie der Eintritt in eine Sekte, muss man tatsächlich sagen. Also da wird dir das Namensschild von Micky Maus übergeben, dabei läuft die Musik vom Feuerwerk abends im Hintergrund, Leute haben Nervenzusammenbrüche, weil sie bei Disney arbeiten dürfen. Es werden dir die ganze Zeit Videos gezeigt, wie Kinder weinen, wenn die zu Disney World kommen und es wird dir auch nahegelegt, wie wichtig der Job für die Gäste ist, also dass man dieses „Magic machen“, dass man das einfach lebt und das wird einem da vorgelebt. Man lernt die „Five Disney Keys“ kennen, die jeder Gast am Ende dann erleben darf und ja, es ist schon skurril das Ganze und das werde ich, glaube ich, so nie wieder in einem Unternehmen erleben, wie ich es da erlebt habe. Es war aber auch deswegen ganz cool, weil es einfach so was Besonderes war und surreal.

Wie sah dein typischer Arbeitstag aus? Hattest du ein Transportmittel? Gab es ein spezielles Outfit?

Also der typische Arbeitstag war eigentlich, ich bin mit dem Bus der sogenannten Route C, die fährt nach Epcot für die Mitarbeiter, zum Park gefahren, bin dann Backstage reingegangen. Der Mitarbeitereingang ist hinter Test Track tatsächlich, also wenn man mal Test Track fährt und runter guckt, dann sieht man auch, wo die ganzen Mitarbeiter reinkommen. Ich habe mein Kostüm angezogen, das war so ein bisschen Lederhosen-Style, ich habe eine kurze Krawatte getragen, sah ein bisschen aus wie ein Schützenkönig. Also so wie wir in Deutschland natürlich rumlaufen (lacht).

Aber das war eigentlich so dann der Beginn und dann ging es wirklich rein auf die Arbeit. Du hast ein vollautomatisiertes System, was dir sagt, was deine Aufgabe jetzt ist, wenn du draufkommst, die hältst du dann für drei Stunden. Es konnte bei mir alles sein von im Weihnachtsladen arbeiten, im Weinladen Wein ausschütten, im Steiff Laden Stofftiere verkaufen, in Kidcot Karten ausmalen für Kinder oder auch Karamellpopcorn machen in der Karamellküche. Das Süßeste, was man kaufen kann. Und ja, das war eigentlich so mein Arbeitstag, der war meistens acht Stunden. Wenn ich Glück hatte, durfte ich zum Feuerwerk Feierabend machen, dann konnte ich mir das Feuerwerk nach der Arbeit angucken.

Das war eigentlich so ein typischer Arbeitstag, hat immer Spaß gemacht, weil man ja vor allem mit vielen Amerikanern sich unterhalten durfte. Und vor allem die Amerikaner, das ist echt eine Erfahrung, die ich gemacht habe, die lieben uns Deutsche. Ich glaube, das hat jeder, der mal eine amerikanische CF-Tour mitgemacht hat, schon gemerkt. Man lernt irgendwo in einer Bar Amerikaner kennen, die sagen, wir haben deutsche Vorfahren. Wenn man das als Job macht, dann hört man das 50 mal am Tag. Man muss jedes Mal überrascht sein, dass sie alle deutsche Vorfahren haben. Und es kann auch oft sein, dass sie dir irgendwie eine Stadt sagen, irgendeine Kleinstadt in Deutschland. Du musst jedes Mal überrascht tun, als wenn du die Stadt kennen würdest.

Jeden Tag Oktoberfest, jeden Tag Weihnachten, jeden Tag neue Menschen. Fällt es irgendwann schwer, da noch gute Laune zu haben?

Also ich muss persönlich sagen, es gibt Momente, gerade wenn du unfreundliche Gäste hast, dann fällt es dir natürlich schwer. Ich persönlich konnte das, glaube ich, immer ganz gut, dieses „Jetzt bin ich auf der Arbeit, jetzt habe ich dieses Lächeln drauf.“ Es ist oft auch gespielt in dem Job, definitiv, muss es auch sein. Ich persönlich konnte es immer ganz gut und ich vermisse es auch ein bisschen jetzt in meinem Job. Aber es gibt definitiv Momente, wo es sehr, sehr schwierig ist. Und gerade wenn du wirklich auch Gäste hast, die sehr, sehr alte Klischees von Deutschland haben, dann wird es auch manchmal schwierig, weil ich darf einen Gast nie korrigieren. Egal wie seine Meinung ist, egal was er denkt über Deutschland, das darf ich nicht. Und das kann auch mal schwer werden, definitiv.

Was waren ganz besondere Momente für dich während dieser Zeit? Also sei es zum Beispiel eine Backstage-Tour, seien es die Freundschaften und Bekanntschaften, die du gemacht hast.

Du hast gerade schon das Thema Backstage-Touren angesprochen, das war natürlich was ganz Irres zu machen. Also ich hatte eine Backstage-Tour bei Haunted Mansion, beim Tower of Terror und das sind Sachen, da kommst du nur als Mitarbeiter dran. Und wenn du dann durch Haunted Mansion läufst und du darfst dem Raben über den Kopf streicheln, du darfst die Animatronics anfassen, du darfst beim Tower of Terror in die erste Szene laufen, das sind Sachen, die nimmt dir keiner mehr, vor allem als Disney-Fan.

Ich muss aber sagen, die Momente, die am meisten so im Kopf geblieben sind, sind tatsächlich fast alle Momente, die mit den Freunden, die ich dort kennengelernt habe, zu tun haben. Vor allem, es haben viele das Programm gemacht, die sind gar nicht so sehr Disney-Fans wie ich. Und wenn man denen dann das erste Mal Guardians zeigt und du bist mit denen da drauf, du fährst nach Feierabend mit 20 Leuten in dem Zug, das sind halt die Momente, die sind wirklich toll. Oder du feierst deinen Geburtstag mit all deinen Arbeitskollegen dort nach der Arbeit, spielst Flunkyball auf dem Parkplatz, wir haben Weihnachten zusammen gefeiert. Das waren wirklich die tollen Momente, weil wir alle auch irgendwie eine Familie geworden sind dort.

Würdest du es mit den Erfahrungen, die du jetzt gemacht hast, nochmal machen?

Ja, ich würde es nochmal machen, mit ein bisschen Zeit dazwischen. Also in vielleicht zwei bis drei Jahren könnte ich mir sehr gut vorstellen, das Ganze nochmal zu machen.

Du kannst es also weiterempfehlen?

Definitiv. Man kann es jederzeit machen und ich würde es vor allem für Leute empfehlen, die jetzt gerade mal nicht so zufrieden mit ihrer beruflichen Situation sind. Wenn man mal nicht so zufrieden ist und jetzt vielleicht einfach mal ein Jahr lang mal raus will, seine Komfortzone verlassen möchte, nochmal neue Leute kennenlernen, dann ist das das Beste, was man machen kann. Grade für uns Freizeitpark-Fans, jeder von uns wird da eine geile Zeit haben, das ist ein Jahr lang mal Kopf ausmachen, nur Spaß haben, man verdient gutes Geld und es ist wirklich eine sehr, sehr tolle Erfahrung.

Eine Sache möchte ich noch sagen.

In hatte in der Zeit sehr, sehr viele Coasterfriends, die mich besucht haben und das ist auch eine Sache, die ich sehr vermisse, wenn man wirklich jetzt gerade mal einen Moment auf der Arbeit hat, wo einen auf einmal eine deutsche Stimme begrüßt. Und man hat sich schon mal gesehen auf einer CF-Tour oder auf einem CF-Event und dann einfach eine halbe Stunde sich mal unterhalten kann, weil da dürfen die Chefs nämlich auch nichts gegen sagen, weil das Gespräch mit dem Gast darf nur der Gast beenden, auch wenn das dann Freunde von Coasterfriends sind.

Vielen Dank für das Interview.


Ihr habt euer Hobby zum Beruf gemacht? Ihr habt Lust, über eure Erfahrungen zu erzählen? Meldet euch gern bei mir unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!  oder im Forum für ein Interview.

Fotos: MickeyBlog.com, Andreas Korb

Tags: CF Interview, Disneyworld

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