Die längsten Achterbahnbauzeiten der Welt: Heute, der ausgebremste Ring Racer vom Nürburgring
„Gut Ding will Weile haben“, lautet ein berühmtes Sprichwort. Dieses gilt natürlich auch im Achterbahnbau. Wenn eine Anlange seine Besucher begeistern soll, ist es sinnvoll sich die nötige Zeit für die Projekte und den Aufbau zu nehmen.
Wenn man allerdings zu lange wartet schlägt die Vorfreude bei Fans in Ungeduld um. Vergeht noch mehr Zeit kann so ein Projekt auch in der Belanglosigkeit verschwinden. So fast geschehen der Wasserachterbahn „Wild Chase“ im Sunway Lagoon Park in Malaysia.
Diese wurde vor kurzem eröffnet und das tatsächlich nach 9 Jahren „Bauzeit“.
Dieses Ereignis nehmen wir zum Anlass uns die längsten „Bauzeiten / Testzeiträume“ in der Achterbahnwelt genauer anzuschauen. Dazu starten wir eine kleine Berichtreihe in der geduldige Bahnen pro Artikel vorgestellt werden. Und aus aktuellem Anlass starten wir direkt mit einer Achterbahn in Deutschland, die aktuell demontiert wird; dem Ring Racer.
Eine gute Idee und eine technisch unausgereifte Umsetzung
Während schlechten Bands bei Rock am Ring mal eine Runde Achterbahn fahren, sich während Rad am Ring nach getaner Anstrengung bei einem fluffigen Launch faceliften lassen oder als Abwechslung beim Zuschauen des 24 Stunden Rennen; eine Achterbahn am Nürburgring ist in der Theorie definitiv eine gute Erweiterung.
Doch dieses Vorhaben scheiterte leider in der Praxis. Unfälle und ein Betreiberwechsel sorgten beim Ring Racer dafür, dass der zuletzt in eine Lichtillumination eingebettete Stahlkoloss demontiert wurde. Die kurze und doch recht lange Geschichte vom Ring Racer ist zu Ende und wir blicken nun auf diese zurück.
Eine Achterbahn an einer Rennstrecke zu installieren passt thematisch wie die Faust aufs Auge. So sollte im Rahmen des Projekts „Nürburgring 2009“ die schnellste Achterbahn der Welt entstehen.
Geplant war eine Stahlachterbahn des Hersteller S&S welche die Fahrgäste mit einem pneumatischen Antrieb auf 217 Km/h beschleunigen sollte.
Zu Beginn der 1.212 Meter langen und 37,5 Meter hohen Fahrt soll der Zug durch ein paar S-Kurven rollen, sie simulieren das Warmfahren von Rennwagenreifen.
Im Launchabschnitt angekommen, der direkt neben der Start- und Zielgerade herführte, war ein Halt des Zuges geplant um ihn anschließend mit Druckluft auf die Spitzengeschwindigkeit von 217 Km/h zu beschleunigen.
Nach der Beschleunigung war eine Bremse vorgesehen, die den Zug auf 100 Km/h abbremsen sollte, damit die G-Kräfte in einer hoch gelegenen Kurvenkombination nicht zu hoch waren.
Anschließend führte die Strecke wieder in das Gebäude des RingWerks.
Der Bau und Betrieb einer solchen Anlage klang in der Theorie echt gut. Das Vorhaben scheiterte aber in der Praxis.
Eine bewegende Geschichte trotz Stillstand
Der Bau selbst verlief soweit gut. Am 15. August 2009 sollte der Ring Racer zum Formel 1-Rennen eröffnet werden. Daraus wurde leider nichts. Zum einen explodierte im Juli 2009 ein Druckluftbehälter am Katapultsystem. Somit war die geplante Eröffnung ausgebremst. Bei weiteren Tests danach raste am 3. September der Antrieb ungebremst gegen den Endanschlag durch dessen Knall gingen sogar weit entfernte Fesnterscheiben zu Bruch gingen. Sechs Arbeiter erlitten an dem Tag ein Knalltrauma.
Die Herstellerfirma S&S führte den Fehler auf eine falsche logische Verknüpfung im Softwarecode zurück.
Das Vorhaben, den Ring Racer im Frühjahr 2010 zu eröffnen scheiterte somit und die Nürburgring GmbH stellte zu diesem Zeitpunkt die gesamte Inbetriebnahme in Frage.
Im Mai 2011 entwichen erneut explosionsartig große Mengen Druckluft aus dem Katapultsystem. Man beschloss im selben Jahr die Höchstgeschwindigkeit von 217 Km/h auf 160 Km/h herabzusetzen.
Als im Jahr 2013 ein Kaufangebot eines ausländischen Freizeitparks vorlag kam Bewegung in die Sache und die Kreisverwaltung Ahrweiler erteilte eine Betriebsgenehmigung der Anlage zum Ende Oktober 2013. Tatsächlich wurde der Ringracer am 31. Oktober 2013 vier Jahre später als vorgesehen eröffnet.
Insolvenz und Rückbau
Doch die Inbetriebnahme währte nur kurz. Durch die am 3. November anstehende Insolvenz des Nürburgrings fand an dem Tag die letzte Fahrt der Bahn statt. Nach vier Tagen und 2.000 Fahrgästen war die Inbetriebnahme des Ring Racers Geschichte. Im März 2014 wurde bekannt dass der Autozulieferer Capricorn den gesamten Nürburgring inklusive dem RingWerk übernommen hat. Der neue Betreiber sah im Ring Racer einen großen Verlustbringer und nun im Juli 2025 wird die Achterbahn, während sie ab 2019 in ein Illuminationskonzept des Nürburgring eingebunden war, endgültig demontiert.
Ein paar Teile des Ring Racer werden aber in Zukunft erhalten bleiben. Sie stützen teilweise die Struktur der Gebäude und erinnern demnächst an eine der längsten Achterbahnbaugeschichten Deutschlands.
Und nun seid ihr gefragt. Wer von euch hatte das Glück mit dem Ring Racer gefahren zu sein?
Bilder: Patrick Jost
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